Ostviertel: Gewaltkriminalität nimmt weiter ab

Parkgespräch: Initiator Jürgen Kutsch leitete die lebhafte Diskussion über das Ostviertel. Auch die Polizisten Ulrich Gerbig (2.v.r.) und Walter Frantzen (3.v.l.) hatten einiges zu sagen. Foto: Andreas Herrmanns

Aachen. Wenn Bewohner des Aachener Ostviertels jemandem erzählen, wo sie wohnen, schlägt ihnen nicht selten ehrliche Betroffenheit entgegen. Schon seit Jahrzehnten gilt das einstige Arbeiterquartier als Sorgenbezirk der Stadt.

Dies aber völlig zu Unrecht, wenn man die Polizei und erst recht die Bewohner selbst fragt. Jüngst diskutierten sie bei den regelmäßig stattfindenden „Parkgesprächen“ der Stiftung Jürgen Kutsch in der Nadelfabrik, wie das Viertel seine Außenwirkung verbessern und näher an die Innenstadt rücken kann.

„Schon als Kind hat man uns gesagt, wir sollten bloß den Kennedypark meiden“, erinnerte sich Walter Frantzen, erster Polizeihauptkommissar vom Bezirksdienst Aachen-Ost. Lange habe er diesen Rat auch befolgt, bis er schließlich selbst einige Male dort gewesen sei und erkannt habe, was das für ein lebendiges Viertel sei und wie viele soziale Initiativen es dort gebe. Ähnlich ging es auch vielen neu Hinzugezogenen oder Bewohnern aus anderen Stadtteilen.

Nicht zuletzt hätten die Bühne im Kennedypark und die immer zahlreicher werdenden Feste dort dazu beigetragen, dass sich dessen Image inzwischen stark verbessert habe, wie eine Anwohnerin berichtete. Auch die zugezogenen Migranten insbesondere in der Elsassstraße würde sie – wie viele andere ebenso – als sehr freundlich und zuvorkommend erleben, die das Viertel erst lebendig machten.

Längst ist aber noch nicht alles gut, was gut sein könnte. So zeigten sich einige Bewohner unzufrieden mit der Beleuchtung im Quartier. Es gebe zu viele Ecken, die zu dunkel seien und die bei Anbruch der Nacht unheimlich wirkten, etwa der Elsassplatz oder der Bereich um den Bahnhof Rothe Erde. Objektiv, so versicherte Polizeihauptkommissar Frantzen, gehe die Gewaltkriminalität in Aachen-Ost aber seit drei Jahren zurück – und sie sei im Übrigen nicht höher oder niedriger als in anderen Teilen der Stadt.

Dass dem Viertel trotzdem noch immer ein schlechter Ruf anhaftet, führt er auf die starke Präsenz der Rockergangs in den vergangenen Jahren zurück. Ein Problem, dass die Polizei mit einer Vielzahl an Platzverweisen und großer Präsenz in den Griff bekommen habe. „Für diese Gruppen hatte das Ostviertel Symbolkraft, aber 2016 hat es solche massiven Auftritte nicht mehr in dem Ausmaß gegeben“, sagte Frantzen.

Man war sich einig, dass das Aachener Osten mit seiner guten Anbindung an den ÖPNV, mit seinen vielen Läden, den Angeboten für Altenpflege und dem günstigen Wohnraum ein lebenswertes Viertel sei. Der öffentliche Fokus, so beklagte Stiftungsgründer Kutsch, richte sich jedoch oft auf die negativen Vorkommnisse. „Wenn hier eine Mülltonne umfällt, heißt es sofort, das sei wegen Multikulti.“

Damit solche vorschnellen Urteile entkräftet werden, müssen die Bewohner darauf vertrauen, dass in Zukunft noch mehr Leute aus den anderen Stadtteilen sich das Ostviertel einfach mal selbst aus der Nähe betrachten.

Quelle: Rolf Hohl, Aachener Nachrichten